In den vergangenen Monaten stand das Traditionsunternehmen Rügenwalder Mühle unvermittelt im Zentrum zahlreicher Gerüchte, die von einer möglichen Insolvenz des Wurst- und Veggie-Herstellers sprachen. Auslöser dafür war eine Meldung über den Einstieg des Lebensmittelkonzerns Pfeifer & Langen, der bislang vor allem für Marken wie Diamant Zucker und funny-frisch bekannt ist. Der Verdacht einer Pleite hängt bei Übernahmen im Lebensmittelmarkt oftmals in der Luft, da es in der Vergangenheit durchaus Zusammenschlüsse gab, die angeschlagene Unternehmen vor dem Bankrott retteten. Doch trifft dies auch auf Rügenwalder Mühle zu, oder liegen hier schlicht Spekulationen vor, die sich bei näherem Hinsehen als unbegründet erweisen?
Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, den Hintergrund der Übernahme zu beleuchten, die Rolle der EU-Kommission zu verstehen und den weiteren Kurs von Rügenwalder Mühle unter dem neuen Mehrheitseigner nachzuvollziehen. Dabei wird schnell deutlich, dass dieses Geschäft weniger mit einer Rettungsaktion, sondern vielmehr mit einer strategischen Weichenstellung in einem hart umkämpften Markt zu tun hat.
Gerüchte über eine bevorstehende Pleite entstehen häufig, wenn Unternehmen Veränderungen in ihrer Eigentümerstruktur bekannt geben. Kaum hatte Rügenwalder Mühle Ende letzten Jahres publik gemacht, dass Pfeifer & Langen als Mehrheitseigner einsteigt, machten Befürchtungen die Runde, das Familienunternehmen habe wirtschaftliche Probleme. Die Grundlage für solche Vermutungen ist oftmals die Annahme, dass nur ein finanzieller Engpass zu einer Abgabe der Mehrheitsanteile führen kann.
Im Fall von Rügenwalder Mühle zeigen jedoch die Entwicklungen der vergangenen Jahre ein ganz anderes Bild. Der Hersteller, der lange Zeit vor allem für seine Wurstprodukte bekannt war, hat in den letzten Jahren ein umfangreiches Portfolio an vegetarischen und veganen Fleischalternativen aufgebaut. Dieser Trend hin zu pflanzlichen Produkten ist längst mehr als nur ein kleiner Hype. Studien prognostizieren in diesem Bereich nach wie vor zweistellige Wachstumsraten, da Verbraucherinnen und Verbraucher aus gesundheitlichen, ökologischen oder ethischen Gründen zunehmend nach Alternativen zu herkömmlichen Fleischprodukten suchen.
Dass Rügenwalder Mühle dabei als einer der Marktführer im Veggie-Segment angesehen wird, deutet eher auf unternehmerischen Weitblick hin, statt auf eine Krise. Eine Insolvenzsituation würde sich in der Regel auch in einer rückläufigen Umsatzentwicklung oder in Schwierigkeiten bei der Refinanzierung zeigen. Bisher liegen jedoch keine Hinweise vor, dass das Unternehmen je den roten Bereich gefährlich nah berührt hätte. Stattdessen nutzte es frühzeitig die Gunst der Stunde, um sich neben den klassischen Wurstwaren auf einem expandierenden Markt für pflanzliche Produkte zu positionieren.
Wer sich fragt, warum Pfeifer & Langen ausgerechnet bei Rügenwalder Mühle einsteigt, sollte einen Blick auf die Schwerpunkte des Konzerns werfen. Das Unternehmen ist Teil eines diversifizierten Lebensmittel-Imperiums, zu dem neben der bekannten Zuckermarke Diamant Zucker auch die Snackmarke funny-frisch gehört. Damit ist Pfeifer & Langen zwar keine kleine Nummer im Markt, zugleich war die Ausrichtung bislang eher konservativ: Zuckerprodukte bilden ein stabiles Standbein, Snacks stellen eine lukrative Ergänzung dar. Um jedoch auf veränderte Ernährungsgewohnheiten zu reagieren und langfristig weitere Wachstumsmöglichkeiten zu erschließen, erscheint eine Expansion in den Bereich pflanzlicher Proteine logisch.
Rügenwalder Mühle hat schon vor Jahren die Bedeutung dieses Segments erkannt und sich damit einen Ruf als Vorreiter in der fleischfreien Produktwelt erarbeitet. Aus der Sicht von Pfeifer & Langen liegt es also nahe, diese Kompetenz zu nutzen und zugleich auf das Renommee der Marke Rügenwalder Mühle zu setzen. Kooperationen oder Übernahmen in der Lebensmittelbranche laufen in der Regel nach einem simplen Prinzip ab: Ein Unternehmen bringt Kapital, Infrastruktur und Vertriebserfahrung ein, das andere wiederum seine Produktinnovationen, sein Know-how und seine etablierten Marken. Das Ergebnis kann ein starker Verbund sein, der in Zeiten raschen Wandels deutlich besser gewappnet ist, als es einzelne Akteure sein könnten.
Tritt ein Konzern wie Pfeifer & Langen bei einer solch renommierten Marke auf den Plan, liegt die Vermutung nahe, dass die Aufstellung von Rügenwalder Mühle insgesamt eher solide ist. Denn ein finanzkräftiges Unternehmen investiert selten in einen schwächelnden Betrieb, bei dem die Erfolgsfaktoren unklar sind. Tatsächlich weisen sowohl Marktanalysten als auch die Verantwortlichen der beteiligten Unternehmen darauf hin, dass man eine zukunftsweisende Partnerschaft eingeht, anstatt ein Krisenmanagement einzuleiten.
Wenn ein Unternehmen in der Größe von Pfeifer & Langen eine so bekannte Marke wie Rügenwalder Mühle übernimmt, ist die EU-Kommission nicht weit. Ihre Aufgabe ist es, Fusionskontrollen durchzuführen und zu beurteilen, ob Wettbewerbsverzerrungen drohen. Würde Pfeifer & Langen beispielsweise mit dem Erwerb der Mehrheitsanteile bei Rügenwalder Mühle eine marktbeherrschende Stellung bekommen, hätte die Kommission einschreiten oder Auflagen erteilen können.
Im konkreten Fall sah Brüssel jedoch keinen Grund, die Übernahme zu blockieren. Wäre Rügenwalder Mühle tatsächlich in einer existenziellen Schieflage und Pfeifer & Langen lediglich der letzte Retter, würde sich die Genehmigung keineswegs so geräuschlos abspielen. Meist wird in Krisensituationen auf offener Bühne um einzelne Unternehmenswerte geschachert, während die Wettbewerbshüter streng überwachen, dass kein unfairer Vorteil entsteht. Die Tatsache, dass die EU-Kommission das Vorhaben ohne Bedenken durchwinkte, darf also durchaus als Indiz gewertet werden, dass Rügenwalder Mühle in den Augen der Behörde einen bedeutenden, aber keineswegs übermächtigen Marktteilnehmer darstellt.
Davon abgesehen wäre Pfeifer & Langen in einer Notsituation kaum bereit, ein hohes Investitionsrisiko einzugehen. Häufig leisten Investoren dann zwar finanzielle Hilfen, fordern jedoch erhebliche Einschnitte wie die Schließung von Standorten oder den Verkauf einzelner Marken. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass Pfeifer & Langen bei Rügenwalder Mühle diese Art von Krisenrettung vorantreibt. Vielmehr ist von einer Ausweitung der bestehenden Produktions- und Vertriebsaktivitäten die Rede.
Eine der ersten Fragen, die sich bei Übernahmen stellt, betrifft die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In vielen Fällen von Unternehmensfusionen sind Stellenkürzungen unvermeidlich, beispielsweise wenn bestimmte Aufgabenbereiche doppelt besetzt sind. Hier lässt sich jedoch bereits ein positives Signal erkennen: Pfeifer & Langen machte deutlich, dass kein Personalabbau geplant sei.
Rügenwalder Mühle profitiert zudem von einem über Jahrzehnte erarbeiteten Ruf: Der Name steht für qualitativ hochwertige Wurst- und Veggie-Produkte, was in einem von Vertrauen geprägten Markt einen unschätzbaren Wert darstellt. Gerade in der Lebensmittelbranche ist es keineswegs üblich, dass neue Eigentümer starke Marken einfach austauschen oder abwickeln. Vielmehr macht es Sinn, in die Tradition und die Bekanntheit eines etablierten Namens zu investieren. Denn auch wenn immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher die Konsistenz und den Geschmack pflanzlicher Alternativen schätzen, reagieren sie oft sensibel auf Veränderungen ihres Lieblingsprodukts.
Dementsprechend dürften sich weder radikale Einschnitte im Sortiment noch ein strategisches Abrücken von dem, was Rügenwalder Mühle bereits erfolgreich macht, abzeichnen. Man kann also damit rechnen, dass die klassischen Wurstwaren weiterhin einen festen Bestandteil des Angebots bleiben, während parallel die vegetarischen und veganen Produkte ausgebaut werden. Wer die Entwicklungen in der Lebensmittelbranche verfolgt, erkennt schnell, dass Vielfalt in den Sortimenten zu den Erfolgsfaktoren gehört. Eine einseitige Ausrichtung auf nur ein Segment kann sich schnell als riskant erweisen. Die aktuelle Strategie von Rügenwalder Mühle, beiden Bedürfnissen – Fleischliebhaberinnen und Veggie-Fans – gerecht zu werden, passt daher hervorragend in die Marktsituation.
Von besonderem Interesse ist die Frage, wie die Zukunft von Rügenwalder Mühle aussehen wird. Dass das Veggie-Sortiment weiter ausgebaut wird, scheint naheliegend. Der Markt für fleischfreie und pflanzenbasierte Alternativen entwickelt sich europaweit rasant und wird auf absehbare Zeit ein hochattraktives Investitionsfeld bleiben. Pfeifer & Langen hat seinerseits nun die Möglichkeit, mit einer starken Marke in diesem Segment Fuß zu fassen, ohne bei null anfangen zu müssen.
Rügenwalder Mühle wiederum könnte auf die Infrastruktur und das Netzwerk des Konzerns zurückgreifen. Wer mit dem Gedanken spielt, sein Sortiment über die Landesgrenzen hinaus zu vertreiben, erhält durch einen mächtigen Partner mit guten internationalen Beziehungen schnell neue Chancen. Viele deutsche Marken haben erst spät den Schritt ins Ausland gewagt, während große Lebensmittelkonzerne in einer Vielzahl von Regionen bestens vernetzt sind. Eine solche Ausweitung der Reichweite könnte den Erfolgskurs von Rügenwalder Mühle weiter ankurbeln.
Zudem besitzt Pfeifer & Langen Fachwissen in Bereichen, die für Rügenwalder Mühle spannend sein könnten, etwa in der Herstellung und Distribution von Snacks. Das heißt nicht, dass Wurstwaren oder Veggie-Alternativen plötzlich gegen Schokoladenriegel oder Süßwaren ausgetauscht würden, doch die Zusammenführung verschiedener Kompetenzen unter einem Unternehmensdach kann zu neuartigen Produktideen führen. Sollten gemeinsame Entwicklungsteams entstehen, wäre es durchaus denkbar, dass wir in einigen Jahren Produkte sehen, die das Beste aus verschiedenen Welten vereinen.
All diese Betrachtungen lassen letztlich nur einen Schluss zu: Wer behauptet, Rügenwalder Mühle sei pleite, hat dafür keine stichhaltigen Belege. Weder die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre noch der Ablauf der Übernahme weisen auf eine finanzielle Schieflage hin. Auch von einem Personalabbau ist keine Rede; stattdessen betonen sowohl der bisherige als auch der neue Mehrheitseigner die Chancen, die in diesem Schritt liegen.
Insolvenzen verlaufen in der Regel anders: Sie gehen mit Produktionskürzungen, Standortaufgaben und deutlich spürbaren Engpässen einher. Oft begleitet ein allgemeiner Vertrauensverlust die Unternehmen, wodurch Kunden und Handelspartner abspringen. Bei Rügenwalder Mühle verhält es sich jedoch gegenteilig. Das Unternehmen sitzt in einem wachsenden Marktsegment und verfügt über eine starke Marke, die von zahlreichen Verbraucherinnen und Verbrauchern geschätzt wird.
Gleichzeitig hat Pfeifer & Langen keinerlei Veranlassung, ein etabliertes Sortiment zu gefährden oder die Kundenbeziehungen der Mühle leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Vieles spricht dafür, dass die Eigentümerstruktur zwar neu gestaltet ist, sich jedoch im Tagesgeschäft wenig ändert – zumindest nicht im Sinne von Restrukturierungen, die bei finanziellen Schwierigkeiten üblich wären. Viel eher dürften die Investitionen in Forschung, Entwicklung und Marketing verstärkt werden, um den Weg des Wachstums fortzusetzen.
Die EU-Kommission hat dem Zusammenschluss zugestimmt, was für sich genommen bereits darauf hindeutet, dass keine ungesunde Marktübermacht und auch keine Notlage vorliegen. Die Wettbewerbshüter prüfen bei Übernahmen stets, ob durch die Verbindung zweier Unternehmen eine Wettbewerbsverzerrung entsteht oder ob es sich um ein ausgewogenes, marktgerechtes Vorhaben handelt. Dass die Brüsseler Behörde nichts einzuwenden hatte, zeigt, wie sehr es sich um eine reguläre Transaktion handelt.
Für die Zukunft können sich daher durchaus Möglichkeiten ergeben, die Rügenwalder Mühle und Pfeifer & Langen gemeinsam nutzen werden. Verbraucherinnen und Verbraucher dürften sich auf eine Fortsetzung des bewährten Sortiments freuen können, ergänzt durch weitere Innovationen, die aus dem Zusammenspiel zweier etablierter Lebensmittelhersteller entstehen. Während Rügenwalder Mühle sich die Investitionskraft und die internationale Aufstellung des neuen Mehrheitseigners zunutze machen kann, erweitert Pfeifer & Langen sein Angebot in einem Markt, der derzeit zu den vielversprechendsten der Branche zählt.
Dass all dies auf eine Pleite von Rügenwalder Mühle hindeuten könnte, lässt sich kaum begründen. Die These vom angeschlagenen Traditionshersteller, der mit letzter Kraft gerettet wird, hält einer genaueren Analyse nicht stand. In Wirklichkeit haben wir es mit einem Zusammenschluss zweier starker Akteure zu tun, die jeweils mit unterschiedlichem Schwerpunkt agieren, nun jedoch ein gemeinsames Ziel verfolgen. Einer der größten Profiteure könnte neben den beteiligten Unternehmen selbst letztlich der Konsument sein, der von einer noch breiteren Produktpalette und möglichen Preisanpassungen aufgrund gesunkener Kosten profitiert.
Damit ist klar: Rügenwalder Mühle steht weder vor dem Aus noch in einer finanziellen Schieflage. Vielmehr handelt es sich um einen gezielten Schritt in Richtung Zukunft, der die Marktposition des Unternehmens langfristig sichern soll. Eine Pleite sieht anders aus. In diesem Sinne bleibt den Interessierten nur, die Entwicklung weiter zu verfolgen und sich gegebenenfalls über neue Produkte zu freuen, die aus der frischen Partnerschaft hervorgehen. Denn genau das ist am Ende oft das Ergebnis solch strategischer Bündnisse: neue Ideen, geteiltes Fachwissen und erweiterte Möglichkeiten, die beiden Partnern nützen und zur langfristigen Stabilität einer Marke beitragen.
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