Freizeitpark-Besucher zahlen fürs Warten – Wartezeiten aus wirtschaftlicher Perspektive

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  • vor 12 Stunden

Verfasst von Redaktion (blR)

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Freizeitpark-Fans kennen das Dilemma: Man zahlt hohen Eintritt, doch einen beträchtlichen Teil des Tages verbringt man nicht in Achterbahnen oder Shows, sondern beim Schlangestehen. Fachleute und Branchenanalysen zeigen, dass Besucher großer Freizeitparks durchschnittlich etwa die Hälfte ihrer Gesamtaufenthaltsdauer in Warteschlangen verbringen. An Spitzentagen können es sogar deutlich über 50 % sein. Nachfolgend einige typische Szenarien für den Warteanteil an einem Parktag:

  • Großpark, Ferientag (z. B. Disney oder Universal): etwa 50–65 % der Besuchszeit wird mit Anstehen verbracht.
  • Durchschnittstag in einem üblichen nationalen Park: ca. 35–55 % der Zeit stehen Gäste in der Schlange.
  • Nebensaison in kleineren Parks: nur rund 15–30 % der Zeit geht fürs Warten drauf.

Diese Zahlen verdeutlichen: Warten dominiert oft den Parkbesuch. Eine peer‑reviewte Fallstudie im Shanghai Disneyland fand etwa heraus, dass Besucher dort nur ≈20 % ihrer Zeit tatsächlich auf Attraktionen verbringen, während „mehr als die Hälfte“ der Zeit in Warteschlangen verstreicht. Live-Daten von Warteschlangen-Apps untermauern den Befund: Beträgt die durchschnittliche Wartezeit pro Fahrt ~30 Minuten, summiert sich bei zehn genutzten Fahrgeschäften bereits gut ein halber Tag Wartezeit. Besucher zahlen im Effekt also dutzende Euro, um stundenlang Schlange zu stehen. Das sorgt nicht nur für Frust bei Gästen, sondern hat auch wirtschaftliche Implikationen – positive wie negative.

Mehr Tage, mehr Umsatz: Wenn ein Parkbesuch nicht reicht

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind lange Schlangen nicht nur unvermeidliches Übel, sondern bisweilen Teil des Geschäftsmodells. Ein zentrales Kalkül: Wenn an einem Tag unmöglich alle Attraktionen zu schaffen sind, steigt die Wahrscheinlichkeit von Mehrtages-Besuchen. Freizeitpark-Betreiber können dadurch zusätzliche Einnahmen generieren – sei es durch den Verkauf von Zwei-Tages-Tickets, Übernachtungen in angeschlossenen Hotels oder mehr Gastronomie-Umsatz im Park. Beispielsweise bietet Shanghai Disneyland explizit ermäßigte Zweitages-Pässe an, da ein einziger Tag für alle Erlebnisse kaum ausreicht. Auch das Walt Disney World Resort in Florida ist auf längere Aufenthalte ausgerichtet: Der riesige Komplex umfasst vier Themenparks, zwei Wasserparks und 23 eigene Hotels – niemand soll alle Attraktionen an einem Tag „durchrushen“, sondern lieber mehrere Tage verweilen. Lange Warteschlangen tragen dazu bei, dass die Besucher nicht schon am frühen Nachmittag sattgesehen den Park verlassen, sondern bis zum Feierabend (oder länger) bleiben und dabei zwangsläufig mehr konsumieren.

Manche Parks begrenzen zwar die Besucherzahl, um Wartezeiten moderat zu halten und das Besuchererlebnis zu steigern – ein Beispiel ist Paultons Park in Großbritannien, der seine Kapazität beschränkt. Dort lag die durchschnittliche Wartezeit je Attraktion 2024 nur bei etwa 7 Minuten, deutlich weniger als in anderen Parks (zum Vergleich: Legoland ~14 min, Alton Towers ~17 min). Paultons Park wirbt folgerichtig mit einem „taggefüllten Erlebnis“ ohne ständiges Anstehen und wurde als bester Preis-Leistungs-Park ausgezeichnet. Allerdings verzichten die meisten Großparks auf eine strikte Limitierung der Gästezahl – sie setzen stattdessen auf das Ausschöpfen der Kapazitäten und nehmen längere Schlangen in Kauf, um maximale Ticketverkäufe pro Tag zu erzielen.

Bezahlen fürs Nicht-Warten: Express-Pässe als lukrative Erlösquelle

Eine weitere ökonomische Seite der Medaille: Wartezeit lässt sich zu Geld machen. Viele Parks bieten mittlerweile Express-Pässe oder Premium-Zugänge an – vom Disney-„Lightning Lane“ (ehemals FastPass/Genie+) über den Universal Express bis zum Speedy Pass im Movie Park Germany. Gegen Aufpreis dürfen Besucher dabei an den Wartenden vorbeiziehen und Fahrgeschäfte über spezielle Eingänge nahezu ohne Verzögerung nutzen. Diese Zusatz-Tickets sind für die Betreiber äußerst einträglich: Front-of-the-line-Pässe tragen erheblich zu den Gewinnen bei, wie Brancheninsider anmerken, und funktionieren letztlich nur, wenn es genügend lange Normal-Schlangen gibt. Mit anderen Worten: Erst lange Wartezeiten schaffen den Anreiz, fürs Abkürzen extra zu zahlen. Die Freizeitindustrie steht daher in einem Balanceakt – einerseits sollen Besucher nicht vergrault werden, andererseits generieren überfüllte Parks und Warteschlangen zahlungskräftige Nachfrage nach Premium-Angeboten.

Der ehemalige Disneyland-Präsident Matt Ouimet kritisierte jüngst diese Entwicklung. Laut Ouimet verfolgen viele Freizeitparks inzwischen die Strategie, lieber weniger Besucher aufzunehmen, die dafür mehr ausgeben – quasi eine „Luxus-Positionierung“ der Parks. Drittens, so Ouimet, „sind Express-Pässe ein großer Profitbringer, der lange Schlangen braucht, um ihren Verkauf zu stimulieren“. Dies verdeutlicht das Dilemma: Aus Geschäftssicht haben Wartezeiten durchaus einen Nutzen, doch die Gäste dürfen nicht das Gefühl bekommen, ausgenommen zu werden. Parks wie Disney rechtfertigen hohe Preise und Zusatzgebühren mit Investitionen in Thematisierung, neue Attraktionen und Services – gleichzeitig stoßen immer mehr Fans sich daran, extra zahlen zu müssen, um in vertretbarer Zeit fahren zu können.

„Wartepark Germany“ und Co.: Wie lange ist zu lang?

Ein Blick auf konkrete Beispiele zeigt die Spannbreite der Warte-Erfahrungen. Movie Park Germany in Bottrop etwa ist berüchtigt für lange Schlangen an Spitzentagen. In den Sommerferien oder zu Halloween-Events scherzen manche Besucher, man könne den Park in „Wartepark Germany“ umbenennen. Wartezeiten im Movie Park von 90 Minuten und mehr für Top-Attraktionen sind keine Seltenheit, einzelne Berichte sprechen sogar von Extremfällen um 150 Minuten (2½ Stunden) Anstehzeit für eine einzige Fahrt – etwa bei der Achterbahn Van Helsing’s Factory. Solche Auswüchse sind zwar nicht die Regel, aber sie zeigen, was theoretisch möglich ist, wenn Besuchermassen auf begrenzte Kapazitäten treffen. Realistischerweise muss man in beliebten Parks an sehr vollen Tagen jedoch selbst mit Fastfood-Wartezeit zwischendurch rechnen: Im Movie Park können an heißen Feiertagen 60–90 Minuten Wartezeit pro Highlight durchaus normal sein. Die Konsequenz: Nie und nimmer schafft man an solchen Tagen alle Attraktionen. Gut vorbereitete Besucher schaffen laut Erfahrungsberichten vielleicht 8–10 Fahrten am Tag, wer planlos ist kommt womöglich nur auf 4 Rides – der Rest der Zeit steht man sprichwörtlich die Beine in den Bauch.

Andererseits gibt es positive Gegenbeispiele. Neben dem erwähnten Paultons Park (mit <25 % Warteanteil) zeigt etwa Europa-Park Rust in der Nebensaison, dass ein großer Park trotz hoher Kapazität Wartezeiten unter einer halben Stunde halten kann – allerdings nur an sehr ruhigen Tagen oder dank virtueller Warteschlangensysteme. Auch kleine Parks oder Freizeitparks unter der Woche außerhalb der Ferien bieten mitunter entspannte Erlebnisse mit minimalem Anstehen. Solche Tage sind jedoch die Ausnahme. In der Regel gilt: Je populärer die Attraktion und je voller der Tag, desto länger die Schlange. Moderne Apps wie Wartezeiten.app oder Thrill-Data machen Wartezeiten transparent und helfen bei der Planung – doch beschleunigen tun sie die Schlangen damit nicht.

Fazit: Bezahlt und doch gewartet – lässt sich das ändern?

Aus Besucherperspektive klingt es paradox: Man investiert viel Geld für Eintritt, Anreise und Unterkunft, um dann einen Großteil der kostbaren Parkzeit wartend zu verbringen. Aus Anbietersicht sind Wartezeiten hingegen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits gefährden sie die Zufriedenheit – niemand erinnert sich gern an stundenlange Schlangen. Andererseits verlängern sie die Verweildauer und steigern sekundäre Umsätze, vom zweiten Besuchstag bis zum Verkauf von Express-Tickets.

Die Freizeitindustrie versucht daher, Wartezeiten so zu steuern, dass die Balance stimmt. Technologische Lösungen wie virtuelle Queues (digitale Anstell-Systeme) und ausgefeilte ** Besucherlenkung** sollen das Anstehen angenehmer gestalten oder teilweise ersetzen. Ebenso investieren Parks kontinuierlich in höhere Kapazitäten (mehr Züge, effizienteres Operationsmanagement), um den Durchsatz zu erhöhen. Dennoch wird das Warten nicht verschwinden – es bleibt gewissermaßen der „Preis“, den man für einen Tag voller Attraktionen zahlt.

Ob es Sinn machen würde, alle Attraktionen an einem Tag ohne Schlangen schaffen zu können, ist ein hypothetisches Gedankenspiel.

Ohne Wartezeiten könnte man in einem 12-Stunden-Tag theoretisch Dutzende Fahrgeschäfte fahren – die meisten einzelnen Rides dauern ja nur wenige Minuten. Doch in der Realität sind Schlangen das Resultat von Angebot und Nachfrage: Beliebte Parks ziehen mehr Menschen an, als ihre Attraktionen gleichzeitig fassen können.

Würde man die Kapazitäten so ausbauen, dass nie gewartet werden muss, stiege der Ressourcenaufwand enorm – und damit wohl auch der Eintrittspreis. Außerdem würden den Parks Einnahmen aus Premium-Pässen und Hotels entgehen, wenn Besucher zu effizient durchgeschleust würden.

Letztlich zahlen Freizeitpark-Besucher also fürs Warten mit – ob sie wollen oder nicht. Solange die Nachfrage hoch bleibt und die Gäste trotzdem begeistert nach Hause gehen (weil die 20 % Fahrspaß die 50 % Wartefrust aufwiegen), werden Wartezeiten als Teil des Geschäfts weiterbestehen.

Die Kunst für Parkbetreiber besteht darin, das Warten erträglich zu halten – durch Unterhaltung in der Queue, faire Information und optionales „Pay-to-skip“-Angebot – damit Besucher am Ende trotz allem das Gefühl haben, für ihr Geld doch etwas erlebt zu haben.

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